Zum Inhalt springen
Home » Datenschutz-News » Keine Pflicht des Arbeitnehmers zur Zeiterfassung mit Fingerabdruck

Keine Pflicht des Arbeitnehmers zur Zeiterfassung mit Fingerabdruck

Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (Az.: 10 Sa 2130/19), kann ein Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern keine Arbeitszeiterfassung per Fingerabdruck-Scanner verlangen. Eine solche Vorgabe stelle einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung DSGVO dar.

Weigerung des Arbeitnehmers führte zur arbeitsrechtlichen Abmahnung

In dem betreffenden Fall führte ein Unternehmen ein Zeiterfassungssystem ein, das mit einem Fingerabdruck-Scanner bedient wird. Bei diesem System wird zwar nicht der vollständige Fingerabdruck erfasst, sondern nur die Fingerlinienverzweigungen, trotzdem lehnte ein Arbeitnehmer die Benutzung dieses Systems ab, und klagte gegen eine daraufhin erteilte Abmahnung seines Arbeitgebers.

Zeiterfassung per Fingerabdruck nicht erforderlich

Nach Auffassung der Arbeitsrichter ist die Zeiterfassung per Fingerabdruck nicht erforderlich. Damit wurde auch die erteilte Abmahnung als rechtswidrig eingestuft Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.

Bei der vollständigen oder teilweisen Erfassung eines Fingerabdrucks handelt es sich um die Verarbeitung von biometrischen Daten. Diese sind von Art. 9 DSGVO besonders geschützt werden. Eine Verarbeitung solcher Daten ist nur in Ausnahmefällen erlaubt, insbesondere bei ausdrücklicher Einwilligung des Betroffenen, oder wenn die Verarbeitung für die Erfüllung von Rechten und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis oder zum Schutz lebenswichtiger Interessen erforderlich ist.

System zur Zeiterfassung erfordert keine Verarbeitung biometrischer Daten

Zwar muss der Arbeitgeber nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Zeiterfassung bereitstellen, nach Ansicht des Gerichts ist die Verarbeitung biometrischer Daten für das manipulationssichere Erfassen der Arbeitszeit jedoch nicht erforderlich.

Alternativen sind laut Gericht zu prüfen

Laut LAG sei sogar ausreichend, wenn der Arbeitgeber mögliche Arbeitszeitmanipulationen durch andere Maßnahmen als die Zeiterfassung selbst feststellen kann, beispielsweise direkt vor Ort, wenn ihm fehlendes Personal auffällt.

Datenschutzfolgeabschätzung

Sofern eine Zeiterfassung mittels biometrischer Daten aus unternehmerischen Gründen doch eingeführt werden soll, ist es unerlässlich, aus datenschutzrechtlicher Sicht eine Risikobewertung bzw. eine sog. Datenschutzfolgeabschätzung durchzuführen. Eine Datenschutzfolgeabschätzung ist von Gesetztes wegen für solche Prozesse im Unternehmen durchzuführen, wenn diese wahrscheinlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen mit sich bringen und wenn sich deren Risiken in Hinblick auf die Art, den Umfang, die Umstände und die Zwecke der Verarbeitung geändert haben. Die die Zeiterfassung von Beschäftigten mittels biometrischer Daten ist in jedem Fall betroffen.

Fazit

Die Zeiterfassung mittels biometrischer Daten stellt im Ergebnis einen besonders schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten, sodass hier die berechtigten Interessen des Arbeitgebers an einer wirksamen Zeiterfassung in der Regel zurücktreten müssen.

Gerne beraten wir Sie bezüglich konkreter Maßnahmen, der Umsetzung einer Datenschutzfolgeabschätzung und/oder der Anpassung einer Datenschutzerklärung für Ihre Beschäftigten. Kontaktieren Sie uns hierfür unter: kontakt[at]rmprivacy.de

Bildernachweis für diesen Beitrag: @ terovesalainen-stock. adobe. com