Am 25. März 2025 hat das Landgericht Berlin II ein Urteil (Az. 15 O 472/22) im Sinne des Datenschutzes gefällt: Die von Google im Rahmen der Kontoerstellung eingeforderte pauschale Einwilligung zur Datenverarbeitung wurde für unzulässig erklärt. Damit gab das Gericht einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) statt – und sendet ein klares Signal an die gesamte Digitalwirtschaft.
Worum ging es in dem Verfahren?
Google hatte bei der Erstellung neuer Nutzerkonten zwei Optionen zur Verfügung gestellt: eine sogenannte „Express-Personalisierung“ und eine „manuelle Personalisierung“. Bei der Express-Variante mussten Nutzer:innen der umfassenden Datenverarbeitung über mehr als 70 Google-Dienste hinweg zustimmen – oder die Kontoerstellung abbrechen. Die manuelle Option bot zwar etwas mehr Auswahl, aber auch hier war keine vollständige Kontrolle möglich.
Insgesamt blieb bei dem Anmeldeproess unklar, für welche Dienste der Beklagten eine Zustimmung erteilt wurde und in welchen Google-Diensten die Verbraucher:innen durch den Abschluss der Erstellung eines Google-Kontos angemeldet seien.
Zur Einwilligung gehörte unter anderem die Verarbeitung von Suchverläufen, Standortdaten, Spracheinstellungen, YouTube-Nutzung, Informationen von Drittpartnern und personalisierter Werbung – ohne dass klar erkennbar war, wer genau die Daten verarbeitet und zu welchem Zweck. Die Nutzer:innen mussten sich zudem durch mehrere Zustimmungspakete, mehrere Informationsebenen, den Nutzungsbedingungen von Google und gleichzeitig in derselben Erklärung mit der Google-Datenschutzerklärung auseinandersetzen. Dies sorgt ebenfalls nicht für einen übersichtlichen und klaren Einwilligungsprozess. Ferner implizierte bei der Anmeldung das Wording „Personalisierung“ die „Einwilligung“ in die Datennutzung.
Das Urteil: Einwilligung unwirksam
Das Gericht urteilte, dass diese Form der Einwilligung gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt – insbesondere gegen die Anforderungen an Freiwilligkeit, Transparenz und Zweckbindung:
- Keine echte Wahlfreiheit: Nutzer:innen hatten faktisch keine Wahl. Entweder sie stimmten der umfassenden Datenverarbeitung zu oder sie konnten das Google-Konto nicht einrichten. Das widerspricht dem Grundsatz der Freiwilligkeit nach Art. 7 DSGVO.
- Intransparenz der Datenverarbeitung: Google benannte weder die konkreten Dienste noch alle Partner, die Zugriff auf die Daten erhalten. Die Nutzer:innen konnten die Reichweite ihrer Einwilligung nicht nachvollziehen.
- Fehlende datenschutzfreundliche Voreinstellungen: Die voreingestellte Datenspeicherung war standardmäßig auf unbegrenzte Dauer ausgelegt. Nutzer:innen mussten selbst aktiv werden, um eine automatische Löschung einzurichten – ein klarer Verstoß gegen Art. 25 Abs. 2 DSGVO („Privacy by Default“).
Relevanz für Verbraucher:innen
Das Urteil stärkt die Rechte aller, die digitale Dienste nutzen. Es zeigt deutlich: Eine Einwilligung zur Datenverarbeitung muss freiwillig, verständlich und spezifisch erfolgen – pauschale, undurchsichtige Zustimmungen sind nicht zulässig.
Wie geht es weiter?
Google hat gegen das Urteil Berufung beim Kammergericht Berlin eingelegt. Doch unabhängig vom Ausgang der nächsten Instanz steht bereits jetzt fest: Unternehmen müssen ihre Datenschutzpraktiken überdenken. Wer digitale Dienste anbietet, muss Nutzer:innen klare Wahlmöglichkeiten und echte Kontrolle über ihre Daten geben.
Fazit
Das Berliner Urteil ist ein bedeutender Etappensieg für den Verbraucherschutz im digitalen Raum. Es setzt Maßstäbe für den Umgang mit personenbezogenen Daten – und erinnert Unternehmen daran, dass Nutzerrechte keine Formsache sind, sondern ein zentrales Prinzip der digitalen Gesellschaft.
Bildnachweis: KI generiert
AUTORIN

Sarah Tavcer ist Volljuristin und als externe Datenschutzbeauftragte sowie Datenschutzberaterin bei der RMPrivacy GmbH für Unternehmen und öffentliche Stellen tätig. Darüber hinaus ist sie als Dozentin an der Hochschule Worms für die Vorlesung „Einführung ins IT-Recht“.