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Die Zulässigkeit von Foto- und Videoaufnahmen bei Veranstaltungen unter der DSGVO und dem KUG

Die Frage, ob und in welchem Umfang Foto- und Videoaufnahmen von Veranstaltungsteilnehmern zulässig sind, ist seit Jahren ein rechtlicher Dauerbrenner. Dabei steht besonders das Verhältnis der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu nationalen Regelungen wie dem deutschen Kunsturhebergesetz (KUG) im Fokus. Nationale Gerichte sehen sich hier oft vor die Aufgabe gestellt, diese Verhältnisse im Einzelfall zu konkretisieren. So auch das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, das sich kürzlich im Rahmen eines Berufungsverfahrens mit der Frage auseinandersetzte, wann Veranstaltungsaufnahmen ohne ausdrückliche Einwilligung der Teilnehmer zulässig sind und unter welchen Bedingungen das KUG als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann.

Der Fall: Veranstaltungsvideos ohne Einwilligung

In dem entschiedenen Fall hatte der Kläger, ein Unternehmer, an mehreren Veranstaltungen des Beklagten teilgenommen, die videografisch festgehalten und später für Werbezwecke verwendet wurden. Neben Gruppenaufnahmen war der Kläger selbst auch in Interviews zu sehen. Neun Monate nach den Veranstaltungen verlangte der Kläger die Unterlassung der Weiterverbreitung der Videos, da er mit seiner Darstellung nicht mehr einverstanden war. In zweiter Instanz lehnte das OLG Koblenz dieses Verlangen ab (Beschluss vom 31.07.2024; Az. 4 U 238/23) und stellte interessante Ausführungen zur rechtlichen Einordnung von Veranstaltungsvideos an, insbesondere im Zusammenspiel von DSGVO und KUG.

Rechtslage: Foto- und Videoaufnahmen auf Veranstaltungen

Die Anfertigung und Verwendung von Veranstaltungsaufnahmen stellt Veranstalter regelmäßig vor datenschutzrechtliche Herausforderungen. Die Datenschutzaufsichtsbehörden fordern in der Regel eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) i. V. m. Art. 7 DSGVO, wenn Fotos und Videos verarbeitet werden. In der Praxis ist es jedoch oftmals schwierig, von allen Teilnehmern eine explizite Einwilligung einzuholen, insbesondere bei großen oder öffentlichen Veranstaltungen. Zu beachten ist zudem, dass die DSGVO kein ausdrückliches Einwilligungserfordernis für diese Fälle vorsieht.

Viele Unternehmen greifen daher auf alternative Rechtsgrundlagen wie das KUG zurück, das in § 23 für Abbildungen aus dem Bereich der Zeitgeschichte sowie für Bildnisse, die Personen als Teil einer Versammlung oder eines Ereignisses der Zeitgeschichte zeigen, Ausnahmen vorsieht.

Diese Vorschrift ist jedoch älter und steht somit in einem unklaren Verhältnis zur DSGVO. Eigentlich ist die DSGVO als EU-Recht vorrangig vor nationalen Regelungen. Aufgrund der in der DSGVO enthaltenen Öffnungsklauseln könnte das KUG jedoch weiterhin anwendbar sein – jedoch bleibt diese Frage auch nach der Entscheidung des OLG Koblenz nicht abschließend geklärt.

Der BGH hat bisher entschieden, dass jedenfalls zu journalistischen Zwecken das KUG neben der DSGVO weiter Anwendung finden kann.

Die Entscheidung des OLG Koblenz

Das OLG Koblenz vertritt die Auffassung, dass das KUG als nationale Regelung auch bei der Verwendung von Veranstaltungsaufnahmen für Werbezwecke Anwendung finden kann. Hierbei schließt es sich der Rechtsprechung des OLG Frankfurt an. Zur Argumentation der Vorinstanz, das KUG sei anwendbar, weil auch Werbevideos journalistischen Zwecken dienen, äußerte sich das OLG nicht eindeutig. Für eine Anwendbarkeit des KUG spreche jedenfalls die Einheitlichkeit der Rechtsordnung in diesem Bereich.

Rechtlicher Vertiefungshinweis

Juristisch ist Ursache des Problems vor allem, dass unklar ist, ob es sich nur bei Art. 82 Abs. 2 DSGVO um eine Öffnungsklausel für nationales Recht handelt, oder auch bei Abs. 1. Der Wortlaut der DSGVO spricht hier vor allem dafür, dass es sich bei Art. 81 Abs. 1 DSGVO nicht um eine Öffnungsklausel handelt. Die Folge davon wäre, dass das KUG nur im journalistischen Bereich Anwendung finden kann, und gerade nicht von Unternehmen herangezogen werden kann.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Für Unternehmen bedeutet dieses Urteil eine mögliche Erweiterung der rechtlichen Möglichkeiten zur Nutzung von Veranstaltungsvideos. Es bestätigt, dass das KUG in bestimmten Kontexten weiterhin anwendbar sein kann und Unternehmen sich hierauf berufen können, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dennoch bleibt das Verhältnis zwischen KUG und DSGVO ein unsicheres Terrain und Unternehmen müssen weiterhin die Informationspflichten der DSGVO beachten, insbesondere durch transparente Datenschutzerklärungen und Hinweise.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollten Unternehmen bei der Anfertigung und Verbreitung von Veranstaltungsaufnahmen folgende Schritte beachten:

  1. Klare Regelungen in den AGB von Veranstaltungen: Das OLG weist zutreffend darauf hin, dass Foto- und Videoaufnahmen auch vertraglicher Regelungsgegenstand sein können.
  2. Transparente Kommunikation: Bereits beim Eintritt in die Veranstaltung sollten Hinweise zur Anfertigung und Weiterverwendung der Aufnahmen deutlich sichtbar sein, beispielsweise durch Schilder oder Ankündigungen. So wird sichergestellt, dass die Teilnehmer Kenntnis von der Verarbeitung ihrer Daten haben.
  3. Prüfung auf Anwendbarkeit des KUG sowie des berechtigten Interesses nach der DSGVO: Je nach Art der Veranstaltung und Verwendungszweck der Aufnahmen können das KUG sowie das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO als ergänzende Rechtsgrundlagen herangezogen werden.
  4. Einzelfallprüfung bei Beschwerden: Sollte ein Teilnehmer im Nachhinein eine Löschung oder Unterlassung verlangen, empfiehlt es sich, den Einzelfall zu prüfen und eine außergerichtliche Einigung anzustreben.

Bei weiteren Fragen zur rechtssicheren Verwendung von Foto- und Videoaufnahmen im Veranstaltungskontext stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Bildnachweis: KI generiert

AUTOR

Moritz Kolb ist als externer Datenschutzbeauftragter und Datenschutzberater bei der RMPrivacy GmbH für Unternehmen und öffentliche Stellen tätig. Darüber hinaus hat er als Rechtsanwalt und Rettungssanitäter besonderes Interesse für Rechtsfragen an den Schnittstellen zwischen Datenschutzrecht und Medizinrecht sowie Datenschutzrecht und Vereinsrecht.